Schlagwort: Philosophie

Fundsache: Quanteninformationen, Schwarze Löcher und simulierte Universen

Die Endlichkeit der Dinge kann einen schon ganz schön umtreiben. Es wäre durchaus beruhigend, wenn es wenigstens irgendetwas gäbe, das den Zahn der Zeit und die olle Entropie überdauern und mit dem Attribut “ewig” versehen werden kann. Oder ist die gesamte Existenz ohnehin nur Lug und Trug? Die ein oder andere Religion und etliche Philosophen hätten dazu jetzt einiges zu sagen. Aber was meint denn die gute alte Wissenschaft dazu? Ich hab da was gefunden.

(Quanten-) Informationen: unzerstörbar oder nicht?

Den Satz, dass “Informationen eigentlich unzerstörbar” seien (verbunden mit der Ergänzung, dass Schwarze Löcher es eventuell doch könnten), habe ich schon vor langer Zeit mal aufgeschnappt – und ihn nie so recht geschnallt. Wie ich vor zwei Jahren schon einmal schrob definiere ich als Geisteswissenschaftler Information halt etwas anders, sodass mir dieser Ansatz aus meiner naturwissenschaftlichen Laiensicht esoterischer vorkam, als er eigentlich ist (ich will es mal das Schrödinger-Phänomen nennen – sein Gedankenexperiment mit der Katze ist ja auch nicht so esoterisch gemeint, wie es oft interpretiert wird).

Endlich erklärt: Hawkings Schwarzloch-Paradoxon

(“Das Schwarzloch-Paradoxon” – wäre ein cooler Titel für ein Perry-Rhodan-Heft – aber ich schweife ab) Nach all den Jahren habe ich endlich ein Erklärbärvideo gefunden, das diese Thematik auch für mich verständlich erläutert. Fabio Pacucci erläutert in diesem sehr gelungenen TED-Ed-Video nämlich erst einmal, wie “Information” in diesem Zusammenhang eigentlich definiert ist, nämlich als die physikalischen Eigenschaften der Elementarteilchen, aus denen etwas besteht. Aber schaut selbst:

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Und was ist nun die Antwort der Wissenschaft?

Nun … zunächst einmal, dass wir es (noch) nicht wissen – aber immerhin eine Ahnung haben, in welche Richtung wir weiterforschen müssten, um der Antwort dereinst womöglich ein wenig näher zu kommen. Aber selbst wenn die Antwort lauten sollte, dass Quanteninformationen wirklich unzerstörbar sind, heißt das noch lange nicht, dass alles, was jemals war, daraus jederzeit “zurückgerechnet” werden kann. Die Widersprüchlichkeit der Übertragung von Quantenphänomenen auf die “Makroebene” – also die Welt der “großen Dinge”, in der wir uns im Alltag bewegen, ist ja die eigentliche Lehre aus Schrödingers Gedankenexperiment. Das lässt sich eben nicht so mirnichtsdirnichts übertragen.

Und wenn das hier eh alles nicht echt ist?

Eventuell ist das alles obsolet, wenn sich die Nummer mit der holografischen Simulation bewahrheitet. Zu dem Thema hat der gute Fadenaffe bei Minds Delight ein weiteres interessantes Erklärbärvideo vorgestellt: Are we Living in a Simulation? Darin werden Methoden vorgestellt, mit denen wir dieser Frage eventuell wissenschaftlich auf den Grund gehen können. Irgendwann mal. Vielleicht. Aber wenn die Möglichkeit ein Universum wie das, in dem wir leben, zu simulieren auch nur rein theoretisch besteht, so argumentieren einige, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies auf unseres zutrifft, durchaus nennenswert. Nimmt man nämlich an, dass es mehrere Universen gibt (was schon Spekulation ist) und dass in jedem mindestens eine Zivilisation entsteht, die Universen simulieren kann (noch spekulativer), dann ist die Wahrscheinlichkeit mindestens schon einmal fifty-fifty.

Und nu …?

Tja, es hilft nix. Auf absehbare Zeit müssen wir wohl weiterphilosophieren. Was also meint ihr?

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Lesetagebuch: Die Philosophie des Traums

Warum schlafen und träumen?

Eine Ursache der “Qual” mag sein, dass es sich dabei um deutlich schwerere Kost als sonst bei mir üblich handelt. Ich alter Eskapist tu mir in letzter Zeit ja kaum noch was anderes als Comics rein. Als (ebenso) alter Geisteswissenschaftler und Hobby-Philosoph drängt es mich dann aber doch hin und wieder in höhere Sphären – und in denen hatte ich mich jetzt ein wenig festgefahren.

Schon länger treibt mich das Thema “Schlaf” um – aber weniger aus der biologisch-medizinischen Sicht. Ich habe mir schon vor einer Weile die Frage gestellt, ob irgendeiner der großen Denker sich mal zu der Tatsache äußert, dass wir uns für ein Drittel unserer Lebenszeit quasi abschalten müssen. Es war gar nicht so leicht, da was zu finden. In der Hoffnung auf Erhellung griff ich schließlich zum Werk “Die Philosophie des Traums”.

Nicht ganz, was ich suchte …

Der Autor Christoph Türcke ist Professor für Philosophie und scheint mir einen eher materialistischen Ansatz zu verfolgen, ohne jedoch zu biologistisch zu werden. Mir konstruktivistischem Atomisten (geht das überhaupt zusammen?) ist das schon mal durchaus sympathisch. Sein Ansatz in dem Buch ist folgender.

Er schnappt sich den guten alten Sigmund Freud und seine Traumdeutung und betrachtet beide aus philosophischer und entwicklungsgeschichtlicher Warte: Traum als “primitive Denktätigkeit” und – verkürzt ausgedrückt – als Relikt der Bewusst- und Kultur-Werdung der Menschheit. Das ganze wird noch mit einer Spur Neurologie vermengt, ohne diese in ihrer Deutungsmacht jedoch zu hoch zu bewerten. Das ist hochinteressant – aber eben nicht ganz das, wonach ich suchte (ein bisschen aber schon).

… aber trotzdem gut

Auch wenn ich Psychologie als Mini-Nebenfach in meinem Studium hatte, war mir Freuds Traumdeutung allenfalls sehr oberflächlich bekannt. Allein also die Einführung in die freudsche Theorie der Reizverarbeitung und Triebe sowie ihre kritische Einordnung war für mich enorm wertvoll. Was den ganzen Komplex angeht, wurden mir folgende Dinge nochmal schön verdeutlicht:

Warum träumen wir?

Ein Traum birgt keine höhere Wahrheit in sich – nicht einmal über einen selbst. Die “Wahrheiten”, die er – manchmal auch im Verborgenen – enthält, sind wenn überhaupt primitiver Natur. Die eigentliche Funktion des Traums ist, den Schlaf nicht zu unterbrechen. Wenn Körper und Geist (oder materialistisch korrekt: das Nervensystem in seiner Gesamtheit) im Schlaf von irgendwelchen unverarbeiteten Reizen, nun, gereizt werden, gaukelt der Traum einem die Abfuhr dieser Reize vor.

In der einfachsten Form ist das sofort nachvollziehbar: Wenn Durst, Hunger oder beliebige andere Triebe den Körper im Schlaf quälen, träumt man oft vom Trinken, Essen – eben der Befriedigung des betreffenden Triebs. Da hebt sich der Mensch kaum von seinen Mit-Chordatieren ab. Jeder schlafende Hund befriedigt seinen Bewegungsdrang durch offensichtliche Jagd-Träume.

Ein bisschen komplexer wird’s beim Homo Sapiens dann doch, da er einerseits von viel ausdifferenzierteren und verschachtelteren (“seelischen”) Trieben und Reizen gequält werden kann – und sich diese andererseits oft nicht mal eingesteht. Aber das Prinzip bleibt dasselbe – und die “Wahrheit”, die man via Traumdeutung hinter den “verborgenen” Trieben (Stichwort “Traumzensur”) ergründen kann, ist dann kein geheimer hochgeistiger Wunsch sondern eher ein tierisch unreflektierter. Er entspringt also wie schon gesagt “primitiver Denktätigkeit”.

Nebenbei räumt der Autor mit den diversen Freudschen Märchen auf – darunter der Klassiker, dass letztlich alles auf den Sexualtrieb zurückgeht.

Was ist der Mensch?

Auch dieser sehr elementaren Frage kommt man in dem Buch durchaus näher. Aus dieser sehr materialistischen, neurologisch-psychologischen Sicht kann man den Menschen durchaus als reines reizverarbeitendes System begreifen – und somit auf materieller Ebene die Grenze zwischen Mensch und Umwelt recht genau ziehen. Der Mensch wäre dann auf sein komplettes Nervensystem reduzierbar. Eine zumindest interessante Vorstellung, die eine Art materialistische Monadologie ermöglicht. Die Perzeptuierung der Welt wäre dann schlicht die Umsetzung äußerer Einflüsse in Nervenreize – sowie deren Interpretation durch das gesamte System.

Was will der Mensch?

Auch nie so bewusst war mir das “Konstanzprinzip” der freudschen Lehre. Nämlich, dass das Nervensystem stets nach einem Zustand der Reizlosigkeit strebt – also möglichst alle Reize restlos verarbeiten will. Diesen Zustand aber – und jetzt kommt das Paradoxe, das uns nie zur Ruhe kommen lassen wird – will es gleichermaßen genießen und somit erleben. Was platterdings unmöglich ist, da “erleben” ja bedeutet, Reize zu verarbeiten.

In diesem schlichten Prinzip steckt – zumindest in meinen Augen – erstaunlich viel Erklärungspotential, dass es bei der Frage, was uns eigentlich antreibt, eigentlich nie außer Acht gelassen werden darf. Die buddhistische Wahrheit vom Leben als (Er-)Leiden und das Schopenhauersche Wort vom Glück als den kurzen Moment, nach dem der Schmerz nachlässt und bevor die Langeweile einsetzt, scheinen mir beide gleichermaßen Verwand mit diesem Prinzip zu sein.

Frage doch beantwortet?

So nebenbei hat sich meine Eingangsfrage vielleicht doch beantwortet. Denn der (traumlose) Schlaf kommt dem Zustand der Reizlosigkeit ja schon recht nahe – wenn auch das entscheidende Element des Erleben-Könnens fehlt. Denn wenn der Körper den Schlaf aus reinen Erholungsgründen eigentlich nicht brauchen würde (was ich irgendwo mal aufgeschnappt habe), wieso setzen sich dann alle (?) höheren Tiere diesem gefährlichen angreifbaren Zustand aus?

Das Nervensystem scheint es aber dringend nötig zu haben, in regelmäßigen Abständen die Reizverarbeitung komplett runterzufahren, um nach einem “Neustart” (Aufwachen) wieder genug Kapazitäten für die intern und extern ausgelösten Reize eines neuen Tages zu haben. So könnte es Sinn ergeben. Aber der Autor zumindest wollte darauf gar nicht hinaus.

Was wollte der Autor sagen?

Der Fairness und der Vollständigkeit halber sei hier noch mal auf die durchaus interessante Kernthese des Autors eingegangen, um die das ganze Buch stetig kreiste.

Für ihn ist die primitive Denktätigkeit des Traumes wie gesagt Relikt der ersten primitiven Denktätigkeiten bei der Menschwerdung. Und diese – gleichbedeutend mit der Kulturwerdung – resultiert eben nicht aus dem ödipalen Vatermord in der Urhorde. Damit möchte der Autor mit einem weiteren freudschen Märchen aufräumen.

Für ihn sind erste Rituale und somit erste Vorformen der Kultur bei den Vormenschen vielmehr durch die Verarbeitung traumatischer Schockerlebnisse entstanden. Und diese waren keineswegs durch dominante Vaterfiguren ausgelöst worden – denn diese hatten vor den Naturgewalten und Umweltbedrohungen genauso viel Schiss wie die Söhne.

Diese Angst vor den noch völlig unerklärlichen Gefahren wie Blitzschlag, Feuer, Flut, Raubtieren und so weiter hat das immer komplexer werdende Nervensystem der ersten Hominiden nicht mehr schlicht ignorieren, verdrängen oder sonst wie ableiten können. Und hier kommt der traumatische Wiederholungszwang zum Tragen, den man im Traum wunderbar heute noch beobachten kann.

Denn der traumatisierte Mensch neigt auch heute noch dazu, den erlebten Schrecken im Traum ständig zu wiederholen. Und auch das dient im Übrigen letztendlich der Reizabfuhr. Durch die stetige Wiederholung versucht das Nervensystem sich selbst gegen den Schrecken abzustumpfen und ihm den Schrecken zu nehmen – ihn somit aufzulösen. Je tiefer das Trauma desto schwerer gelingt dieser Versuch natürlich – aber die Absicht dahinter leuchtet durchaus ein.

Und genau das haben die ersten Vormenschen – so der Autor – in ihren ersten kannibalistischen Ritualen versucht: Den unerklärlichen Schrecken wiederholen, um ihn irgendwie zu beherrschen. Diese These arbeitet er natürlich noch viel deutlicher aus. Das ist sehr interessant – hat mich in der Ausführlichkeit dann aber wohl doch nicht ausreichend, nun, gereizt.

Somit erst einmal zurück zu den Comics.

Video: Ganz schön groß, das Universum

Ein Tweet von @dlr_de hat mich auf dieses Video des American Museum of Natural History aufmerksam gemacht. Es ist bereits gut zwei Jahre alt, ich kannte es aber noch nicht und will es hier mal präsentieren.

Die Idee dahinter ist ohnehin wesentlich älter. Filmchen, die vom “Kleinen” ins “Große” zoomen und zurück, gibt’s en masse – das wurde bekanntermaßen auch schon wunderbar in einem Simpsons-Vorspann verarbeitet.

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Wie bedeutungslos sind wir wirklich?

Für uns SF-Enthusiasten ist sowas von besonderem Interesse. Zum einen fühlen sich viele sicherlich an den Unendlichkeits-Strudel aus Douglas Adams’ Anhalter-Trilogie (in fünf Bänden) erinnert. In dieser Strafeinrichtung wird dem Delinquenten sehr eindringlich die gesamte Größe des Universums bewusst gemacht und seiner eigenen Winzigkeit gegenübergestellt – worauf er den Verstand verliert.

Ich neige ja dazu, dieser Deutung zu widersprechen. Natürlich ist das Universum verdammt groß – aber was hat es davon? Wer religiös-mystischen Vorstellungen von einem Weltgeist oder einer objektiven Bedeutung des Seins anhängt, wird mir vermutlich nicht beipflichten wollen – aber ich bin der Meinung, dass es erst eines Wesens mit Bewusstsein bedarf, um dieser absurd großen Wolke aus Elementarteilchen überhaupt Bedeutung beizumessen.

Es ist deswegen schön und erhaben, weil wir es so empfinden (ja, ich weiß, unsere Natur zwingt uns womöglich dazu – können wir gern in den Kommentaren diskutieren). Und wir sind es, die bereits so viel vom Universum erfassen und so nette Filmchen darüber machen können. Das finde ich schon ziemlich großartig. Ich will’s auch nicht übertreiben – aber wir sollten unser Licht nicht unter den Scheffel stellen.

Pflichtprogramm für SF-Schaffende

Jetzt mal völlig unabhängig von der philosophischen Komponente geben solche Filme eben einen guten Eindruck von der schieren räumlichen Größe der Leere zwischen den Sternen und Planeten. Das macht sie in meinen Augen zum zwingenden Pflichtprogramm für jeden SF-Schaffenden.

Guter SF – ob Film oder Buch – gelingt es (so sie im Weltraum spielt), diese gewaltige Leere, wie sie ja bereits zwischen Erde und Mond herrscht, darzustellen. Schlechte SF vermittelt den Eindruck, dass ganze Planeten kaum mehr als ein Dorf sind und man vom Raumschifffenster aus alle Planeten des Sonnensystems, in dem man sich befindet, mit bloßem Auge erkennen kann. Solche Filmchen können da Abhilfe schaffen.

Lesetagebuch: Denkanstöße 2011

Alljährlich bringt der Piper-Verlag ein Taschenbuch unter dem Titel Denkanstöße heraus. Darin finden sich mal mehr mal weniger interessante Artikel, die Neues zu den unterschiedlichsten Themenbereichen zum Inhalt haben sollen. Natürlich sind dies stets Auszüge aus Sachbüchern des Piper-Verlags, die selbige somit anteasen. Das finde ich allerdings nicht verwerflich – schließlich können derart ausführliche Empfehlungen für neue Sachbücher durchaus hilfreich und willkommen sein.

Alle paar Jahre erstehe ich mal eines der Denkanstöße-Bändchen – mal gefällt’s mir sehr gut – mal steht auch nur Unsinn drin.

Die 2011er Version lag unterm Weihnachtsbaum. Ich hab’s gerade ausgelesen und will schon mal vorwegnehmen: Sie gehört wieder zu den besseren.

Enthalten sind neun Artikel zu den Themen Politik, Philosophie / Religion, Naturwissenschaften und Musik.

Wenn auch mein generelles Urteil positiv ist, ist meine Meinung zu den einzelnen Beiträgen eher durchwachsen. Daher mal kurz im Einzelnen – selbstverständlich völlig subjektiv und polemisch:

So regiert die Kanzlerin – Es ist ja ach so hektisch im Alltag der Regierungschefin. Und dann schafft sie es auch noch so meisterlich, der Finanzkrise zu begegnen. Der völlig unkritische Artikel enthält keinerlei Infos, die ein normal informierter Tagesschau-Gucker und Tageszeitungsleser nicht bereits hätte. Urteil: belanglos!

Der Selbstbetrug der Mittelschicht – Sind wir wirklich eine klassenlose Mittelstandsgesellschaft? Oder lügt sich gerade die sogenannte Mittelschicht da selbst was in die Tasche? Und wem nützt das? Das war mal ein guter Denkanstoß! Denn zum Nachdenken hat er mich angeregt – und sollte es bei vielen anderen auch. Bin sogar fast soweit, über den Erwerb des dazugehörigen Buches nachzudenken.

Es folgt der Abschnitt “Philosophie und Religion” – an der Stelle muss ich kurz mal loswerden, dass ich das Zusammenwerfen dieser Beiden Themen für extrem ärgerlich halte. Genauso könnte man Astronomie und Astrologie zusammentun – oder Medizin und Homöopathie …

Was ich glaube – Zunächst musste ich mir von einem Popen gönnerhaft zugestehen lassen, dass ich auch ohne Gott ein moralischer Mensch sein darf. Ich meine, es ist natürlich schon interessant, wie er (zudem noch katholisch) eine moralische Basis menschlichen Handelns entwickelt, die ohne Religion und Glaube auskommt. Aber irgendwie finde ich sowas aus dem Munde eines Theologen immer reichlich naiv.

Der nächste Pope wollte mir was von Herzensbildung erzählen und fing die ewige Litanei an, dass unser Bildungssystem doch viel zu technisch, kalt und so überhaupt nicht emotional sei. Als wenn das das Problem wäre! Unser Bildungsproblem ist ein soziales, aber das nur nebenbei. Den Artikel musste ich abbrechen – unerträglich!

Im Bett mit Kant – Schließlich doch ein wenig Philosophie. Schwerpunkt lag auf dem Moment des Aufwachens und der philosophischen Implikationen desselben. Wie können wir uns unseres Wachseins und unserer Existenz sicher sein? usw. usf. Doch, das fand ich durchaus anregend und interessant. Ist mein Top-Kandidat für den Erwerb des dazugehörigen Buches.

Der Naturwissenschaftliche Teil beginnt mit der verrückten Welt der Paralleluniversen – sehr netter Artikel zum Thema, der im Grunde nichts radikal Neues brachte, aber irgendwie doch Lust auf mehr machte. Vielleicht landet das Buch auch noch mal in meinem Regal.

Die Steinzeit steckt uns in den Knochen – sehr informativer Text zu den evolutionären Grundlagen unseres Körpers und diverser Krankheiten. Da hab ich tatsächlich noch ein bisschen was gelernt.

Zum Schluss zwei Beiträge aus der Musik, beginnend mit Justus Franz Ansichten darüber was man über (klassische) Musik wissen sollte – joah … auch eher belangloses Geplauder …

The rest is noise – Dieser musikalische Abriss mit Schwerpunkt auf Wagner, Strauß (Richard) und Mahler hat selbst mich, der sich mit Musikhistorie nur oberflächlich auskennt ziemlich mitgerissen.

Alles in allem also ein durchaus empfehlenswerter U-Bahn-Schmöker für zwischendurch.

Lesetagebuch: Seneca

Als Hobby-Philosoph, der im Nachhinein ein bisschen bedauert, diese Königsdisziplin nie studiert zu haben, lese ich immer wieder gern etwas aus dieser Sparte. Kürzlich habe ich ein kleines Bändchen vom ollen Seneca eingeschoben. Titel: Vom glücklichen Leben.

Nun muss ich gestehen, dass ich mit Seneca eher den Bordcomputer der SOL (Perry Rhodan jetzt, nä?) assoziiere. Über den römischen Philosophen gleichen Namens wusste ich bis dato nur recht wenig. Ich bin nun geringfügig schlauer. In oben genanntem Band erläutert der Stoiker seine Moralphilosophie und rechtfertigt außerdem seinen eigenen Lebenswandel – der dieser scheinbar nur bedingt entspricht.

Moral

Nun finde ich gerade Moralphilosophie sehr interessant. Auch wenn mir bewusst ist, dass Moral ein sehr relativer und ausdifferenzierter Begriff ist, bin ich schon der Meinung, dass alles Handeln moralisch sein muss (beziehungsweise sollte). Als Atheist kann ich es mir dabei nicht so leicht machen, Moral schlicht göttlich zu legitimieren und für etwas Absolutes zu halten. Ein wenig suche ich daher noch immer nach der idealen Legitimation. Wobei ich mich mit Kants Imperativ und Habermas‘ Diskurs schon auf der richtigen Spur wähne. Aber ich schweife ab.

Die Hoffnung, dass mir der antike Denker bei dem Thema weiterhelfen kann, hat sich natürlich nicht erfüllt. Warum „natürlich“ – nun, auch er scheint (zumindest in diesem Band) keinen Zweifel daran zu lassen, dass Moral beziehungsweise Tugenden etwas absolutes sind, das göttlichen Charakter besitzt. Ihre Legitimation ist somit transzendiert und nicht mehr zu hinterfragen. Für mich ein unbefriedigender Ansatz.

Die Suche geht weiter

Dabei scheinen mir die angemahnten Tugenden (darunter zentral die „Mäßigung“) durchaus erstrebenswert zu sein. Leider präsentiert der Band keine übersichtliche Liste. Ebensowenig wie von den Lastern, die ihnen gegenüberstehen. Dennoch zeigt sich erneut, wie sehr das christliche Weltbild auf Vorstellungen der Antike beruht.

Da „Vom Glücklichen Leben“ kein Grundlagenwerk ist, sondern vielmehr eine Rechtfertigungsschrift Senecas zu sein scheint, in der er erklärt, warum er selbst durchaus reich sein und trotzdem ein tugendreiches Leben ohne Reichtum predigen darf, hielt sich der Wert dieser Lektüre für mich in Grenzen. Interessant fand ich sie dennoch, auch weil sich die Argumentation der viel späteren protestantischen Ethik bereits erahnen lässt.

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