Lesetagebuch: Fraktale Elfen, Dunkle Halunken und Kloppe im Weltall

Kürzlich an- beziehungsweise ausgelesen habe ich: “Fraktal”, den aktuellen “Sillage”-Band, die antiken PR-Bände 650 und 700, “Dunkle Halunken”, Band 1 der “Elfen” und den ersten “Honor Harrington”.

“Fraktal” von Hannu Rajaniemi

Jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, ist es schon wieder etwas her, dass ich den zweiten Rajaniemi-Band ausgelesen habe – und wie bei mir so üblich ist die Erinnerung an die Details der Handlung bereits verblasst. Ich erinnere mich aber, die Lektüre sehr genossen zu haben. Diesmal meine ich sogar der teils wirren Handlung besser gefolgt zu sein, als beim ersten Band. Ich mag ja Rajaniemis Art, Begriffe fast nie zu erklären und so zu tun, als stamme der Leser aus derselben abgedrehten Zukunft, die da beschrieben wird. Denn tatsächlich denkt man sich irgendwann rein und taucht in diese Welt ein. Hat natürlich auch den Vorteil, dass er bei der Beschreibung vieler technischer Vorgänge vage bleiben kann – aber in Jetztzeit-Romanen käme ja auch niemand auf die Idee, die genaue Funktionsweise von Mobiltelefonen oder dem Internet zu erklären.

Wie auch immer: Außerdem mag ich die abgedrehte und ohne selbstauferlegte Beschränkungen konsequent weitergedachte Zukunftsvision in “Quantum” und “Fraktal”. Während andere SF-linge ja gern versuchen, die Zukunft zu sehr an heutige Gegebenheiten anzugleichen – oder es gar zum Kern der Handlung machen, dass heutige Zustände wiederhergestellt werden –, hat Rajaniemi keine Scheu, die ganzen transhumanistischen Absurditäten konsequent zu Ende zu denken. Hochgeladene Super-Bewusstseine mit milliardenfachen Backup-Körpern treffen auf synchronisierte Schwarm-Gesellschaften und kämpfen um nichts Geringeres als die Vorherrschaft im Sonnensystem – und den Sieg über die Entropie. Großartig!

“Sillage” #15: “Jagdrevier” von Jean Davin Morvan und Philippe Buchet

Wie ich kürzlich bei Ausgespielt schon mal sagte: Meine Liebe zu dieser Comic-Serie verblasst mehr und mehr. Was mich ungebrochen bei der Stange hält ist der grandiose Zeichenstil. Ich liebe die ligne claire, die hier geradezu perfektioniert wird. Die dargestellten Raumschiffe, Aliens, technische Details und sogar die Klamotten sind derart einfallsreich und detailliert gezeichnet, dass es eine stete Freude ist. Leider lässt es handlungstechnisch immer mehr nach. Die ersten vier, fünf Bände über die Menschenfrau Nävis, die sich – allein auf einer Dschungelwelt aufgewachsen – in einem interstellaren Raumschiffkonvoi zurechtfinden muss, sich dabei zur Superagentin entwickelt und immer mal wieder auf vage Hinweise über den Verbleib der Menschheit trifft, waren noch sehr spannend. Das rebellische Verhalten Nävis’ war erfrischend und der dezent eingeflochtene Metaplot über ihre Suche nach anderen Menschen packend. Höhepunkt von Sillage bleibt in meinen Augen der grandiose Band 3 “Das Räderwerk”, in dem sie zum ersten Mal auf eine Spur der Menschen stößt.

Leider hat sich das alles irgendwie nicht sonderlich weiterentwickelt. Nävis ist immer noch die rebellische Moralapostelin, die gegen die nicht näher definierte Korruption des Staates Sillage ankämpft und der Spur der Menschheit nicht wesentlich weiter folgen konnte. Die Handlung der Einzelhefte bleibt meist schwach – so auch bei der 15, in der sie als Söldnerin für einen bösen Großwildjäger unterwegs ist, dessen hinterhältigem Treiben sie natürlich ein Ende setzt. Einzig der Cliffhanger weiß das Interesse des Lesers wieder etwas zu wecken – scheint es doch den eingeschlafenen Metaplot wieder etwas voran zu bringen.

“Perry Rhodan” #650: “Der Bund der Sieben” von William Voltz & #700: “Aphilie” von Kurt Mahr

Das ist nun schon die zweite Gelegenheit, bei der ich mich frage, was ich früher immer an Willi Voltz gefunden habe. Die erste Gelegenheit war die Lektüre der ersten zweieinhalb Atlan-Hefte, wobei mir Nr. eins und Nr. zwei von K.H. Scheer überraschend gut gefallen haben – wogegen die Nr. drei von Voltz dermaßen abgefallen ist, dass ich ihn nach wenigen Seiten weggelegt hatte. Der Vergleich der Hefte 650 und 700 (von 1974 bzw. 1975) präsentiert mir meinen einstigen Lieblings-PR-Autor nun erneut als relativ schwachbrüstig. Der Auftakt zum Konzils-Zyklus aus seiner Feder hat kaum echte SF-Elemente (von social fiction ganz zu schweigen), die Hauptfiguren handeln unglaublich dämlich (Einfach mal die komplette Führungsriege der Unsterblichen mit den übermächtigen Eroberern mitfliegen lassen? Na klar!) und selbst das Voltz-Special, die extrem fremdartige außerirdische Xisrapin kommt sehr blass daher.

Im direkten Vergleich ist der 700er von Kurt Mahr (man kann sich die Jubibände dank der Leseprobe-Funktion bei Amazon ja für lau aufs Kindle ziehen) zumindest auf den ersten Seiten um Welten spannender und SF-iger. Mit der Aphilie wagte man bei PR damals nämlich durchaus eine einschneidende Veränderung. Auf Erden herrscht in diesem Zyklus eine finstere lieblose Diktatur, die zwar stark an 1984, Fahrenheit 451 & Co. erinnert – aber eine erfrischende Abwechslung vom PR-Einerlei darstellt. Das religiöse Gequatsche nervt allerdings ein wenig.

“Dunkle Halunken” von Terry Pratchett

Hier stehe ich gerade am Anfang. “Dunkle Halunken” ist das zweite neuere Buch aus des Meisters Feder, das nicht auf der Scheibenwelt spielt. Im Gegensatz zu “Eine Insel” kann einem diese Tatsache im Laufe des Lesens aber immer mal wieder entfallen. Schauplatz der Handlung ist nämlich das victorianische London, das bekanntlich die kaum verhohlene Vorlage von Ankh-Morpork ist. Daher kostet es den scheibenwelterprobten Leser etwas Mühe, sich zu vergegenwärtigen, dass der zähflüssige Fluss, der da gerade beschrieben wird, nicht der Ankh, sondern die Themse sein soll. Zählflüssig gestaltet sich leider auch mein Lesefluss. Trotz vieler netter Ideen und dem gewohnt präzisen Blick für das soziale Umfeld, kommt die Handlung nicht in die Gänge. Der (im Original auch titelgebende) Held namens Dodger ist ein “Tosher”. Diese verdienen sich ihren Lebensunterhalt damit, dass sie die Kanalisation unterhalb Londons nach Brauchbarem durchsuchen, das sie verkaufen können. Damit lebt Dodger natürlich am unteren Rand der Gesellschaft – und kommt, als er eine junge offenbar adelige Frau vor üblen Peinigern rettet, unverhofft mit etwas höheren Schichten in Kontakt. Das ist durchaus kurzweilig beschrieben – wie man es von Pratchett gewohnt ist. Aber so richtig gepackt hat es mich bislang nicht – und das bin ich von Pratchett nun gar nicht gewohnt.

“Elfen” #1: “Der Kristall der Blauelfen” von Jean-Luc Istin und Kyko Duarte

Nachdem ich mit großer Begeisterung die Gratis-Comic-Tag-Ausgabe des dritten Elfen-Bandes gelesen hatte, stand der Entschluss fest: Die Serie muss ich komplett haben. So erwarb ich also die “Blauelfen” und begann sogleich zu schmökern. Um es gleich zu sagen: So dolle wie der dritte war der erste Band dann doch nicht. Klar, es ist eine bewusst klassische Fantasywelt – aber die Handlung ist mir dann doch ein wenig zu stark an tolkienschen Vorlagen orientiert. Letztlich geht es um ein uraltes gefährliches Artefakt und einen Erzschurken aus ferner Vergangenheit, die beide Ärger machen. Dennoch: Das alles ist sehr schick gezeichnet und hat nette Ideen – vor allem die Darstellung der Orks gefällt mir. Da die Reihe mit sechs Bänden abgeschlossen ist, werde ich ihr mit Sicherheit weiter treu bleiben. Und wer weiß: die Chancen, dass die restlichen Bände wieder so gut sind wie Band drei, sind durchaus gegeben.

“Honor Harrington” #1: “On Basilisk Station” von David Weber

Hierzu hab ich ehrlich gesagt nicht so viel zu sagen. Den ersten Band des Military-SF-Klassikers “On Basilisk Station” gab’s im englischen Original unlängst für lau aufs Kindle. Über die ersten anderthalb Kapitel bin ich bislang nicht hinausgekommen. Ist glaub ich nicht so meins.

Kategorien: Lesetagebuch

1 Kommentar

  1. Elfen vom GCT hat mir auch gefallen – das ist ja auch der ganze Band verkleinert gewesen! Klasse! Ich werd aber erstmal Zombies kompletieren!

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