Bingetagebuch: Cowboy Bebop

Zurück in die Zukunft des Jahres 1998

Wie komme ich jetzt auf eine derart alte Serie? Nun, abgesehen davon, dass ich mich den Kunstformen Anime und Manga erst relativ spät zugewandt und hier einiges nachzuholen habe, machte mich unlängst eine Lobhudelung dieser Serie und namentlich der dort gezeigten Raumschiffe aufmerksam. Der gute Daniel hat in seinem YouTube-Kanal Spacedock wie folgt geschwärmt.

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Eine Staffel und ein Film … bislang …

Für mich Grund genug, da mal reinzuschauen. Eine kurze Recherche beim Streamingdienstleister meiner Wahl ergab, dass die 26 Folgen Cowboy Bebop von 1998 dort zu finden und durchzubingen sind, was ich dann auch tat.

Der Film von 2001 ist leider nirgendwo zu haben, müsste ich zur Not mal in irgendwelchen DVD-Schütten wühlen. Vielleicht lohnt es sich sogar, die YouTube-Suche zu bemühen. Mangas gibt es auch, nach denen ich vorerst aber nicht aktiv suchen werde. Schließlich kursiert schon länger die Idee, den Stoff realzuverfilmen, was nun wohl in Serienform bei Netflix geschehen soll. Mal sehen.

Mir hat dieser Genremix aus SF, Western und Gangster-Drama mit seinem bemerkenswerten Soundtrack und der nötigen Prise Humor und Selbstironie jedenfalls sehr gefallen.

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Hard-SF-Noir-Western

Wie Daniel in seinem Video beschreibt, spielt Cowboy Bebop in einem überraschend akkuraten Hard-SF-Szenario. Die Menschheit hat das Sonnensystem besiedelt und etliche Planeten und Monde bewohnbar gemacht – beziehungsweise bewohnbare Städte und Oasen darauf errichtet. Die Technologie, die Transport und Reisen im Sonnensystem erleichtert, ist leider auch der Grund, warum die Besiedelungspläne forciert werden mussten. Denn der erste Hypersprung-Gateway-Prototyp auf dem Mond explodierte 50 Jahre vor der Handlungszeit derart heftig, dass es den Erdtrabanten fast komplett zerrissen und die Erde selbst nahezu unbewohnbar gemacht hat. Entsprechend befinden wir uns in einer Zukunft mit rasenden Raumschiffen und glitzernden Raumstationen – aber auch mit teils sehr abgeranzten Kolonialstädten – wie geschaffen für einen humorigen Western-Noir-Mix.

Cowboys, Gangster, Kopfgeldjäger

Wie jede wirklich gute Story lebt auch diese Serie von den gelungenen Charakteren und ihrem Zusammenspiel. Im Zentrum stehen die Kopfgeldjäger Spike und Jet, die mit ihrem Raumschiff der Bebop im Sonnensystem unterwegs sind und Schurken gegen Geld zur Strecke bringen. Zu ihnen gesellt sich schon bald der Corgy Ein, die etwas zwielichtige – aber sehr kompetente – Faye. Ein paar Folgen später macht die junge durchgeknallte Hackerin Ed die Runde komplett. Sie sind natürlich allesamt recht klischeebeladene Archetypen mit geheimnisvoller Vergangenheit, das macht sie aber nicht minder interessant und unterhaltsam. Zumal sich aus den jeweiligen Schicksalen der Hauptfiguren die lose Metahandlung speist, die sich über die 26 Folgen erstreckt, die ansonsten jede für sich abgeschlossene Geschichten erzählen.

Spike ist der typische junge Draufgänger, ein perfekter Kämpfer, Schütze und Pilot. Schon am Anfang offenbart sich, dass er einst Handlanger eines Verbrechersyndikats war. Beim Versuch, es zu verlassen, musste er seinen Tod vortäuschen und seine Liebste zurücklassen. Eine Vergangenheit, die ihn im Laufe der Serie natürlich wieder einholt und am Ende sogar den großen Bogen der Erzählung schließt.

Der ältere Jet ist der klassische Ex-Cop, der den Dienst verbittert verlassen hat, um nun auf eigene Faust und Rechnung unterwegs zu sein. Zudem hat ihn seine Frau einst verlassen, was ihn zusätzlich vergangenen Zeiten nachtrauern lässt. Ja, auch das kommt alles wieder aufs Tapet.

Faye schließlich ist die interessanteste und am ehesten mit einem SF-Hintergrund versehene Figur. Es stellt sich ziemlich früh heraus, dass sie nach einem Shuttle-Unfall vor etlichen Jahrzehnten in Kryoschlaf versetzt worden war und nach dem Erwachen all ihre Erinnerungen verloren hatte. Da sie gleich an ziemlich zwielichte Gestalten geriet, muss sie alle Mittel und Fähigkeiten einsetzen, in der für sie fremdartigen Zukunft zurechtzufinden. Auch das ist immer wieder übergeordnetes Thema.

Ed schließlich ist eine kindliche Klischee-Hackerin, durchgeknallt, naiv-fröhlich und ein Genie an jeder Tastatur. Entgegen dem Klischee kommt sie aber auch in der realen Welt durch ihre Unbedarftheit, Offenheit und ihren unerschütterlichen Optimismus gut klar. Die Unbestimmtheit, ob sie eigentlich ein Junge oder ein Mädchen ist, scheint mir im übrigen durchaus beabsichtigt. Ich hatte zunächst gedacht, dass der Übersetzer etwas überfordert war.

Die Themen Genderzuordnung und sexuelle Orientierung tauchen in der Serie nämlich an ein, zwei Stellen überraschend unaufgeregt am Rande auf – ohne tatsächlich zum Thema gemacht zu werden. Bis hin zu einer Transperson, die in einer Folge eine wichtige Nebenrolle einnimmt.

Guckempfehlung

Nach den 26 Folgen findet die Serie im Übrigen ein richtiges Ende und ist damit abschließend auserzählt (der Film ist wohl irgendwo mittendrin angesiedelt). Sie ist also schnell nebenher durchzubingen – und dabei kurzweilig, witzig, spannend und durchaus gut gealtert in den letzten 20 Jahren. Ja, kann ich nur empfehlen.

Etwas ausführlicher bringen sie es bei Wisecrack auf den Punkt. Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen – außer eine kleine SPOILERWARNUNG.

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Kategorien: Bingetagebuch

4 Kommentare

  1. Danke für den Tipp! Als das vor Ewigkeiten bei MTV lief, hatte ich das immer nur mal Schnipselweise beim Durchzappen gesehen, aber nie weiter beachtet. Jetzt hab ich 8 oder 9 Folgen durch und es gefällt mir immer besser.

  2. Das ist für mich immer noch eine der besten Sci-Fi-Serien ever.

    See you space cowboy :(

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