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Lesetagebuch: Zurück auf die Scheibenwelt und ins Perryversum

Dieser Eintrag darf historisch genannt werden, denn ich kehre in den Kreis der Perry-Rhodan-Leser zurück – und habe endlich Olympos fertig. Aber lest selbst.

Gerade ausgelesen

Olympos: Ich wollte zum Abschluss dieses Lesemarathons etwas ausführlicher werden. Beginnen wir also klassisch mit der Frage: Worum ging’s?

Gar nicht so leicht zu beantworten. Wir befinden uns in einer mehrere tausend Jahre entfernten Zukunft. Die Schauplätze der Handlung verteilen sich über das Sonnensystem – wobei bis zum Schluss nicht ganz klar ist, ob sie sich auch alle in derselben Zeit und demselben Paralleluniversum befinden. Wie schon im Vorgängerband Ilium verläuft ein Handlungsstrang im antiken Troja, wie Homer es beschrieben hat. Der Ablauf der Geschehnisse hat sich mittlerweile aber komplett von denen in der Ilias entfernt. Wie sich schon im ersten Band herausstellte, sind die Götter offenbar genetisch und technologisch extrem aufgemotzte Nachmenschen, die ihren Göttersitz auf dem terraformten Mars eingenommen haben und mit einer Art Wurmlochtechnologie auf die pseudoantike Ilium-Erde wechseln, wo der Krieg um Troja minutiös nachgespielt werden soll. Durch die Ereignisse des ersten Bandes haben sich die Menschen dort jedoch gegen die Götter gewandt, wobei sie von künstlichen Wesen aus dem äußeren Sonnensystem unterstützt werden, die eigentlich nur nachschauen wollten, was die Nachfahren ihrer einstigen Schöpfer (die Menschen) da auf dem Mars treiben. Achilles, Hektor und Co. ziehen jetzt also gegen Zeus und seine Bande ins Feld – und schneiden dabei gar nicht mal schlecht ab. Die Handlung auf der zukünftigen (und “echten”) Erde dreht sich weiterhin um die letzten verbliebenen Altmenschen, die im Grunde nur versuchen, wieder ein bisschen Kultur zu entwickeln und herauszubekommen, was eigentlich in den letzten Jahrtausenden passiert ist – was von diversen surrealen Monstern, die auf einmal überall auftauchen erheblich erschwert wird. So weit, so verwirrend.

Noch schwieriger wird es bei der Frage: Was soll das ganze? Beziehungsweise: Was will uns der Autor eigentlich sagen? Ein abschließendes Urteil habe ich mir ehrlich gesagt nicht bilden können. Der erste Band lebte von der Freude, die Homerische Ilias möglichst exakt mit den Mitteln der Science-Fiction nachzuerzählen. Ich möchte sagen, dass dies auch der eigentliche Zweck des Buchs war. Die anderen Handlungsstränge schienen nur dazu zu dienen, dieses Szenario einzurahmen und in eine eingermaßen stimmige Zukunftsvision einzubetten. Band zwei versucht, das alles irgendwie zu aufzulösen und … ja was? Bei Hyperion ist die Sache klar: Im Grunde geht es darum, wissenschaftlich zu erklären, dass die Katholische Kirche Recht hat. Aber hier? Olympos ist eine Dystopie, deren zugrundeliegende Katastrophe das Spiel mit fiktiven Parallelwelten ist. Simmons entwickelt diesen Gedanken, den schon Heinlein mit der “Zahl des Tiers” hatte, im Laufe des Buchs und löst auf, dass einige der bedrohlichen Monster tatsächlich physisch der menschlichen Fantasie entspringen, zu der die Nachmenschen anscheinend einen realen Zugang gefunden haben. Dieses Thema zieht sich aber nicht konsequent durch die Handlung und scheint nur ein Teilaspekt zu sein. Es schien Simmons zudem wichtig zu sein, große Teile des dystopischen Schreckens dem Wirken eines Welt-Kalifats anzulasten – und an der Stelle wird das alles auf einmal extrem heikel.

Kommen wir abschließend zur entscheidenden Frage: Wie war’s? Der letztgenannte Punkt verdirbt den Genuss vieler guter Ideen und spannender Szenen enorm – ist aber nicht mal das Hauptproblem dieses Romans. Es läuft vermutlich darauf hinaus, dass der Autor selbst nie so ganz wusste, worauf er eigentlich hinauswollte. Die oben genannte Grundidee von Ilium find ich immer noch klasse – aber darüber hinaus wollte Simmons offenbar nichts stimmiges einfallen. War dann wohl auch der Grund, weswegen ich mich so gequält habe.

Die Mnemo-Korsaren: Auch Perry Rhodan Band 2851 wusste zu gefallen. Somit ist der Entschluss gefasst: Ich bleibe erst einmal dabei. In den Jahren meiner Abstinenz ist eine neue Autorengeneration herangewachsen, die einige Dinge, die mich zuletzt gestört hatten, wohl etwas frischer angeht. In diesem Montillon-Band ist mir erneut angenehm aufgefallen, wie lebendig und nachvollziehbar die Akteure dargestellt werden. Das hatte ich dazumal oft schmerzlich vermisst. Auch wenn die Action-Handlung über den Kampf zwischen dem Helden Atlan und einem “Schurken-der-Woche-Paar” (die titelgebenden Korsaren) für die Metahandlung kaum von Bedeutung sein dürfte, hat sie doch zu unterhalten gewusst. Zudem fand sie in einem herrlich fremdartigen Umfeld voller absurd guter Ideen statt. Mehr davon!

Civil War: Die Comic-Vorlage für die aktuelle Marvel-Kino-Klopperei ist natürlich auch Bestandteil der von mir gesammelten Hachette-Reihe. Gerade dieser Band war jedoch schnell vergriffen und auch über die einschlägigen Onlineportale nur schwer zu ergattern. Mittlerweile ist es mir aber gelungen und ich hab die ikonische Keilerei sogleich verschlungen. Auch angesichts der großartigen Zeichnungen ist Civil War ein Meilenstein der Marvel-Historie (mein Favorit bleibt der Moment, in dem sich Spidey öffentlich demaskiert). Auch weil er sich so gut in eine noch weiter gefasste Metahandlung einfügt, die mindestens vom Heldenfall der Avengers bis zum Aufstieg und Fall von Norman Osborn reicht.

World War Hulk: Während sich die Superhelden in ihrem “Civil War” gegenseitig die sprichwörtliche A-A rausgeprügelt haben, war der Hulk übrigens gerade nicht da. Den hatte man zuvor auf einen fernen Planeten verbannt, damit er auf Erden keinen Schaden mehr anrichten kann. Ist natürlich schief gegangen und nun ist er wütender als je zuvor wieder zurück und hat allen Superhelden der Welt den Krieg erklärt. Ich persönlich mag den Zeichenstil von Romita Jr. ja nicht so gerne – hier gelingt es ihm aber, den bombastischen Rachefeldzug des Grünen Goliath gut in Szene zu setzen. Die Handlung ist naturgemäß vergleichsweise simpel gestrickt und reicht an den Vorgänger “Planet Hulk” nicht ganz heran. Spaß macht’s trotzdem.

Aktueller Lesestoff

Atlas der fiktiven Orte: Tja, nach den enttäuschenden Mittelerde-Kapiteln ist das Buch in meinem Ansehen gesunken (ich habe berichtet). Entsprechend greife ich etwas seltener danach und beäuge die weiteren Kapitel beispielsweise zum Land OZ deutlich kritischer. Immer schwingt die bange Frage mit “Hat der Autor auch wirklich Ahnung, wovon er da schreibt?” Ich bleibe dennoch dran.

Spaykels Rache: Der Perry Rhodan Band 2852 stammt aus der Feder von Leo Lukas, ein Autor, den ich noch aus meiner Zeit kenne – und den ich damals zu den guten gezählt habe. Entsprechend hoch ist meine Erwartung – auch wenn der Heftroman die Füllhandlung des Vorgängerbandes etwas übermäßig auszuwalzen scheint. Tatsächlich gehen sich die ersten Seiten etwas schleppender an, als bei Montillon. Mal sehen.

Toller Dampf voraus: Endlich geht es wieder auf die Scheibenwelt. Die beiden letzten Werke des Meisters schiebe ich schon viel zu lange ungelesen vor mir her. Jetzt, da ich Olympos durch habe, gibt’s auch keine Ausrede mehr. Auch wenn mich die späteren Bücher nicht mehr so begeistert haben, wie einst (was auch an dem neuen Übersetzer liegen mag), bereiten mir schon die ersten Seiten wieder einige Freude. Mit diesem Band führt Pratchett die Modernisierung seiner einstigen Fantasy-Welt weiter voran – und in mehrfachem Sinn zu einem (würdigen) Abschluss. Immerhin wird nichts geringeres als die Dampfmaschine erfunden.

Was als nächstes?

Im falschen Babylon: Konsequenterweise steht nun natürlich der nächste Perry-Rhodan-Band mit der Nummer 2853 an. Mal schauen, ob ich schnell genug bin, dass ich alsbald das aktuelle Erscheinungsdatum der Serie einhole. Da hänge ich glaube ich vier, fünf Wochen hinterher. Und es muss mir natürlich weiterhin gefallen.

3 Antworten auf „Lesetagebuch: Zurück auf die Scheibenwelt und ins Perryversum“

Das Problem mit Dan Simmons und dem “Welt-Kalifat” kommt mir bekannt vor. In “Flashback” wird das dann so krass, dass ich mir nicht sicher war, ob das eine Karikatur sein sollte oder tatsächlich Ausdruck seiner, nennen wir sie mal freundlich “konservativen” Gesinnung…

Das hab ich auch schon mal irgendwo gelesen, dass er da ein Problem zu haben scheint.

Nun könnte man im Fall von Olympos sagen, dass er halt ein weltpolitisches Szenario gewählt hat, dass sich aus unserer aktuellen Lage entwickeln könnte – so wie in 50er- bis 80er-Jahre-SF oft die “bösen Russen” herhalten mussten.

Aber es gibt noch ein paar Hinweise mehr, dass er eigentlich auf monotheistische Religionen steht – eine davon aber explizit ausnehmen möchte …

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