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Fundsache: Stabby der Weltraum-Roomba

Zu dieser Party erscheine ich mal wieder reichlich spät – aber womöglich gibt es noch andere, die bis dato nie etwas von “Stabby” gehört haben.

Ich hefte das Ganze mal unter “Weltenbau” ab.1 Wer sich gerne fantastische Geschichten ausdenkt – sei es, um sie aufzuschreiben, Rollenspielabenteuer zu entwerfen oder einfach so – möge sich von den folgenden Zeilen inspirieren lassen.

Bereits im November 2016 hat sich Chris aka sepulchritude drüben bei Tumblr Stabby, the Knife-Wielding Space-Roomba2 ausgedacht.3 Derartige Storyideen werden auf jener Plattform offenbar gern aufgegriffen und weiter gesponnen – vor allem, wenn sie sich im weiteren Dunstkreis der Humans are Space Orcs Idee bewegen. Aber eins nach dem anderen, erst einmal zu Stabby selbst.

Am Anfang steht immer eine Schnapsidee

Die Grundidee ist zunächst recht einfach und bekloppt: Eines Tages kommt irgendwer an Bord eines militärischen Erdenraumschiffs auf die Idee, ein Küchenmesser auf einen Roomba4 zu tapen. Das ist zwar durchaus gefährlich – aber längst nicht gefährlich genug, um den Unsinn sofort zu unterbinden oder rückgängig zu machen. Schließlich muss man schon sehr unaufmerksam, ungeschickt oder langsam sein, um sich von einem Staubsaugerroboter mit Messer verletzen zu lassen.

Die Dinge nehmen ihren Lauf

Und wie es in derartigen Umgebungen offenbar so ist, verselbständigt sich die Sache ziemlich schnell, da niemand rechtzeitig den Moment abgepasst hat, den Quatsch zu stoppen. Nachdem er ein paar Tage unbehelligt im Schiff unterwegs ist, beginnt die Crew ihn zu akzeptieren – ja sogar zu mögen. Auch die Offiziere können das ab einem gewissen Punkt nicht mehr ändern, zumal viele von ihnen es irgendwie auch ganz witzig finden. Und ehe man es sich versieht, erhält das Ding einen Namen5 und ist ein nicht mehr wegzudenkendes hoch verehrtes Maskottchen des Schiffs.

Kurzzeitig wachsende Fangemeinde

Man möge sich die genaue Beschreibung der Grundidee im Original-Post anschauen. Besonders faszinierend zu lesen fand ich, wie andere diese aufgegriffen und weiter gesponnen haben. Dieser Repost vom April 2018 mit zahlreichen Kommentaren und Ergänzungen ist ausgesprochen amüsant. Das führt soweit, dass Stabby irgendwann im Logbuch Erwähnung findet, einen zunächst niedrigen Rang erhält und schließlich sogar nach und nach befördert wird. All das wird sehr witzig hergeleitet und durchaus glaubhaft, wenn man zugrundelegt, wie irrational Menschen sich gerne verhalten – vor allem wenn sich so eine Geschichte verselbständigt.

Alles hat ein Ende

Nun trägt sich eine solche Idee allein nicht allzu lange und läuft sich dann doch recht schnell tot. Bis auf dass sie alle paar Jahre von unaufmerksamen Bloggern wie mir wieder entdeckt6 wird, hat sie ihre Zeit des Ruhms gehabt.7 Aber wie war das jetzt mit den menschlichen Weltraum-Orks?

Menschen sind Weltraum-Orks

Diese Geschichte ist noch etwas älter und geistert mindestens seit 2013 durchs Netz. Ich selbst bin 2018 erstmals darauf gestoßen und habe das Thema damals in den eskapistischen Links der Woche untergebracht. Wie alt der Ursprungspost tatsächlich ist, konnte ich ehrlich gesagt nicht rekonstruieren. Zumindest habe ich ihn bei Tumblr nicht mehr gefunden. Von 2013 stammt jedenfalls dieser Imgur-Screenshot des Originalposts Humans are Space Orcs. Auch hier handelt es sich um eine Ansammlung von mehreren Anmerkungen und Kommentaren, wie es bei Tumblr üblich ist. Und auch hier geht es um einen im Grunde schlichten und naheliegenden Gedanken, der jedoch sehr interessant hergeleitet und ausgearbeitet wurde.

Umgedrehter Spieß

Es geht schlicht darum, den Spieß klassischer SF-Szenarien umzudrehen. Wo sonst die Menschen als vor allem körperlich unterlegene Spezies im All einem Völkergemisch aus langlebigen, hochintelligenten und/oder deutlich stärkeren Wesen gegenüberstehen8 oder höchstens als langweilige Generalisten zwischen den hochspezialisierten Völkern unterwegs sind, könnte man doch auch mal die Menschen als furchteinflößende Spezies vorstellen, die dermaßen ausdauernd und anpassungsfähig sind, dass andere interstellare Wesen ihnen kaum etwas entgegensetzen können. Dabei geht es wohlgemerkt nicht zwingend darum, die Menschen zu den Bösen zu machen. Das wäre höchstens eine Spielart dieses Szenarios.9

Im Weltraum nichts neues

Das ist zugegeben eine Grundidee, die sicherlich in etlichen SF-Romanen und Szenarien Anwendung findet. Scalzis Krieg der Klone10 geht ein wenig in die Richtung und bei Warhammer 40k sind die Menschen auch nicht gerade die Underdogs. Doch während bei beiden Beispielen teils drastische transhumanistische Maßnahmen im Spiel sind, ist hier die Idee, dass bereits ganz “normale” Menschen durchaus furchteinflößende Kreaturen sind. Dennoch mag es bereits zahlreiche Romane geben, die diese Idee aufgreifen. Vielleicht frage ich demnächst einmal den Lesezwinger11 danach.

Ab ins Ideen-Archiv

Bis auf ein paar halbherzig gepflegte Tumblr-Blogs, Pinterest-Sammlungen und Subreddits ist von der Space-Orc-Menschen-Idee12 im Netz ansonsten nicht mehr viel zu finden. Einmal ausformuliert ist sie für sich allein genommen nicht wesentlich tragfähiger als die Stabby-Idee. Aber darauf aufbauend lässt sich vielleicht die ein oder andere gute Geschichte erzählen.

Weitere Fundsachen an anderen Orten

Edieh – Fantastische Trailer #166 | Eskapedia – Eskapistische Netzfundstücke 03/2020 | Minds Delight – Good News Everyone LXVII | Zusammengebaut – LEGO Links: Mit der Saturn V zum Space Bus

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  1. Ein Thema, über das man ruhig etwas häufiger bloggen könnte – oder was meint ihr? []
  2. zu deutsch etwa: Stechi, der messerschwingende Weltraum-Staubsaugerroboter []
  3. Ich will nicht ausschließen, dass die Grundidee noch älter ist und in leichten Abwandlungen bereits in römischen Legionärs-Legenden vorkommt. “Höret die Mär von Dekurio Stachelbesen, Stolz der XIII. Legion!” Oder so … []
  4. Wie nennt man das noch einmal, wenn ein Markenname zur allgemeingültigen Bezeichnung für ein Produkt wird? []
  5. Ihr ahnt es: “Stabby”. []
  6. oder von SEO-Clickbait-Seiten in steter Regelmäßgikeit ausgegraben wird – wo sonst sollte ich es entdeckt haben []
  7. Womöglich ist sie in den ein oder anderen Self-Publishing-Roman eingeflossen, wer weiß? []
  8. Nehmen wir allein Star Trek. Vulkanier, Klingonen, Romulaner haben allesamt mehr Körperkraft als Menschen. Was Kirk, Riker und Sisko jedoch noch nie davon abgehalten hat, sie alle zu vermöbeln. []
  9. Tatsächlich wäre es sogar viel reizvoller, die Menschen in solch einem Szenario kultiviert, friedlich und rücksichtsvoll auftreten zu lassen – und trotzdem haben alle anderen Völker ständig Angst vor ihnen. []
  10. Wenn ich meine Rezi von damals so durchlese, beschleicht mich das Gefühl, dass ich den Roman heute wesentlich gnädiger beurteilen würde. Vielleicht sollte ich ihm irgendwann eine zweite Chance geben. []
  11. Trifft sich gut, dass der Drei-Jahres-Zyklus, in dem der Lesezwinger aus seinem Schlaf erwacht, im Sommer dieses Jahres gerade wieder rum ist. []
  12. Oft ist auch von den Weltraum-Wikingern oder Weltraum-Australiern – fragt mich nicht – die Rede. []

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